
Positionspapier zur Verschuldensobergrenze
der Stadt Bocholt
Zusammenfassung:
I. Neujustierung der Schuldenobergrenze
-Alternative 1: Steueraufkommen als Bezugsgrundlage
-Alternative 2: Fixer Schuldendeckel mit Inflationsanpassung
II. Keine Ausnahmetatbestände bei neuer Verschuldensobergrenze
III. Anpassung der Verschuldensobergrenze, wenn Tilgung nicht aus Cashflow bedient werden kann
IV . Grundsätzlich vorrangige Finanzierung von Investitionen durch Eigen- und Selbstfinanzierungsmittel - aber nur soweit nicht
durch Pensionsrückstellungen gebunden
V. Einsparmechanismus: fester Einsparbetrag pro investiertem Euro
Weitere noch zu behandelnde Punkte:
- erneute Aufnahme der ESB in den Schuldendeckel
- angemessene Verzinsung von Einlagen der Stadt in Tochtergesellschaften
(Dies gilt nicht für die Stadtsparkasse: Hier hat die Stadt keine Einlage geleistet)
- Herausnahme von 13 Mio € aus dem Schuldendeckel, da dieser Betrag nur die Inaussichtstellung einer Kreditgewährung zugunsten der GWB und
keine tatsächliche Verschuldung der Stadt darstellt.
Im Einzelnen:
I. Neujustierung der Schuldenobergrenze
Zur Zukunftsfähigkeit einer Stadt wie Bocholt gehört es, Fortentwicklungen und damit einhergehende Investitionen in die Infrastruktur zeitnah anzugehen. Solche
Investitionen können jedoch nicht einzig und allein aus laufenden Haushaltsmitteln des Erstellungsjahres erbracht werden, sondern müssen zu hohen Anteilen mit Fremdmitteln finanziert werden. Zukünftige Generationen werden somit über Zinsen und Tilgung an der Finanzierung dieser Aufgaben beteiligt, welche zwar in der Gegenwart getätigt wurden, deren Nutzen aber auch für kommende Generationen in die Zukunft ausstrahlt. Das gilt auch für die am Ort tätigen Unternehmen.. Darüber hinaus können Fremdfinanzierungen von Investitionen sprunghafte Steuererhöhungen vermeiden. Zu beachten ist jedoch, dass die Stadt durch Kredite nicht überbelastet und in ihrer Leistungsfähigkeit und somit im Handlungsspielraum nicht eingeschränkt wird. Eingegangene Kredite und ihre Verpflichtungen daraus engen durch Zinsen und Tilgung die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt für die Zukunft ein. Es ist daher angebracht, eine Schuldenobergrenze und die Tilgungs- und Schuldenlast entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt festzuschreiben. So macht z.B. die EU als Vorgabe für die Staatshaushalte , dass der Schuldenstand 60 % des jährlichen Bruttoinlandsproduktes nicht übersteigen darf. Mit steigendem Bruttoinlandsprodukt erhöht sich durch die Vorgabe auch die Schuldenobergrenze der einzelnen Mitgliedsstaaten.
Zur Bestimmung einer Schuldenobergrenze stehen nach der Auffassung der MIT aber zwei Alternativen zur Auswahl:
Alternative 1: Steueraufkommen als Bezugsgrundlage
Indikator für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt Bocholt kann das jährliche Steueraufkommen sein. Dieses multipliziert mt einem einmalig festzulegenden Verviefacher würde die Schuldenobergrenze ergeben. Veränderungen des Steueraufkommens würden zu einer automatischen Anpassung der Obergrenze führen. Um die sich daraus ergebenden jährlichen Schwankungen der Verschuldensobergrenze zu verringern, könnte das Steueraufkommen aus mehreren Jahren (z.B. 10 Jahre) herangezogen werden.
Alternative 2: Fixer Schuldendeckel mit Inflationsanpassung
Derzeit gibt die Satzung der Stadt Bocholt einen Schuldendeckel von 148 Mio € vor. Eine statische Grenze, die sich weder der finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt noch der Inflation anpasst. Um den realen Wert zukünftig zu erhalten, müsste jährlich eine Anpassung der Obergrenze entsprechend Inflationsrate vorgenommen werden. Die hat z.B. im Jahre 2017 1,8 % betragen. Um zum gleichen realen Wert zu gelangen, müßte daher eine Anpassung auf 148 Mio € X 1,018 = 150,7 Mio € erfolgen. Der eigentliche Ausgangswert der Verschuldensobergrenze ist aber schon vor einem erheblichen Zeitraum festgelegt worden. Eine reale wertmäßige Anpassung ist aber nie erfolgt. Geht man vom Jahr 2009 als Grundlage aus, so ergibt sich eine Steigerung durch die Inflation von rd. 11 %, so dass für das Jahr 2018 eine Obergrenze von 164,3 Mio € anzusetzen wäre. Bei einer Inflationsrate von 2 % in 2018 ergebe sich dann für 2019 eine Obergrenze von 167,6 Mio €.
II. Keine Ausnahmetatbestände bei neuer Verschuldensobergrenze
Zudem sollte durch Ausnahmetatbestände ein gegebener Schuldendeckel nicht aufgeweicht werden. Hier führen nicht eindeutig formulierte Ausnahmetatbestände -wie z.B. der Pauschalbegriff Wirtschaftlichkeit- zu Interpretationsspielräumen für die politischen Akteure und gefährden die Begrenzungsfunktion. Falls Ausnahmetatbestände unbedingt erforderlich sind, müssen diese im Vorhinein konkretisiert werden. Wir sind gegen generelle Ausnahmetatbestände.
III. Anpassung der Verschuldensobergrenze, wenn Tilgung nicht aus Cashflow bedient werden kann
Als weiterer Parameter für die Bemessung der Schuldenobergrenze ist auch vorzugeben, dass die aus dem jeweiligen Schuldenstand sich ergebenden jährlichen Tilgungsleistungen aus dem für die Planjahre ermittelten Cashflow aus der Geschäftstätigkeit der Stadt bestritten werden können. Ansonsten hat eine entsprechende Angleichung der Verschuldensobergrenze zu erfolgen.
IV. Grundsätzlich vorrangige Finanzierung von Investitionen durch Eigen- und Selbstfinanzierungsmittel - aber nur soweit nicht durch Pensionsrückstellungen gebunden
Die Jahresabschlüsse der Stadt Bocholt in den letzten Jahren weisen sich aufbauende erhebliche Liquiditätsüberschüsse aus. Ausschlaggebend dafür sind die gebildeten Rückstellungen zum 31.12.2016 von rund 152 Mio €. Diese sind in die Jahresergebnisse als Kosten eingegangen, haben aber keinen Geldfluss bewirkt. Dieser erfolgt in späteren Zeitperioden z.B. durch den Abruf von Pensionen. Durch die für künftige Pensionen weiterhin jährlichen Zuführungen zu den Rückstellungen bildet sich jedoch auf Dauer ein Grundstock, der zur Finanzierung von Investitionen eingesetzt werden kann. Die aus anderen Rückstellungen hervorgerufene Liquidität steht aber nur vorübergehend zur Verfügung. Dieser Umstand muss beim Einsatz dieser Mittel für Investitionen bedacht werden.
V. Einsparmechanismus: Fester Einsparbetrag pro investiertem Euro
Die MIT fordert von der Stadt einen Einsparmechanismus. Pro investiertem Euro sollte ein fester Einsparbetrag vorgesehen werden, z.B. in Höhe von einem Cent pro investiertem Euro.
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